[gurkenwasser]

Es geht weiter…

Posted in Freiraum by gurkenwasser on 18. Februar 2010

..auf blog.cleev.de

zu den Gründen schreib ich vielleicht irgendwann auch mal was.

Das Internet

Posted in Gesellschaft, Kognition, Netz by gurkenwasser on 12. Februar 2010

Wird vom Internet berichtet, hängt dem Tenor meist ein negatives Fähnchen an und die Akteure stellen fast ausnahmslos die Gefahr heraus, die der Gesellschaft durch das Wachsen der Internataffinität bevorstehen. Egal ob der Untergang des konservativen Medienformats, die zahlreichen Möglichkeiten der Urheberrechtsverletzung oder schlicht die sich zum Negativen wendende Aufmerksamkeitsfähigkeit des Menschen. Die durch die steigende Bedeutung des Internets wachsenden Großkonzerne werden mit einem kritischen Auge betrachtet und Unternehmen die sich gegen die Konzeption mit dem Internet zu arbeiten entschieden haben, werden als Moralaposteln der hierarchieverliebten Gesellschaft gehievt. Das im Mittelpunkt stehende Argument ist meist das immer gleiche: »ohne war alles besser« und »mit, ist unser Geschäftsmodell in Gefahr«. Kritische und Skeptische werden somit in ihrer ängstlichen Haltung gestärkt und setzen sich mit der Thematik erst gar nicht auseinander. Trotz der bremsenden Auswirkungen auf den Fortschritt ist das aber keine Neuigkeit, mehr ein altbekanntes Muster. Bahnbrechende Innovationen wurden schon seit jeher in erster Linie auf die durch sie ausgelösten Veränderungen in der planierten gesellschaftlichen Struktur geprüft, bevor sie sich etablierten. Die Erfindung des Automobils vernichtete die Daseinsberechtigung der Dampfmaschine und die Kassette verdrängte nicht nur die Langspielplatte, sondern tangierte zum ersten Mal mit der Aufnahmefunktion das Vermarktungsmodell der Musikindustrie. Entwicklung oder Fortschritt, so mag man annehmen, ist was schlimmes und jeder sollte das Recht haben einmal stehen bleiben zu dürfen, ohne direkt überholt zu werden. Stehen bleiben und orientieren oder stehen bleiben um stehen zu bleiben. Zwei nahe und doch so verschiedene Varianten ein Leben zu leben, denn wer den Anschluss einmal verpasst hat, knüpft nur schwer wieder an. Das weiß jeder, der schonmal einem Bus oder einer Eisenbahn hinterhergelaufen ist. Schneller und schneller und immer schneller.

Dabei redet doch jeder, der sich mit dem Arbeits- und Informationsmedium Internet direkt und ausgiebig beschäftigt hat, vielleicht auch einfach nur Lust auf einen Alltagswechsel hat, von Entschleunigung. Entschleunigung. Das muss man zweimal lesen um alle negativ mitschwingenden Gedanken wegzuwischen. Wer will schon stehen bleiben? Wer will schon langsamer sein als die Anderen? Ein Auto mit einem Motorschaden rollt entschleunigend aus. Bis zum Stillstand. Dabei steckt in dem Wort vielmehr als nur ein Stillstand. Ich verbinde mit einer Entschleunigung den Ausstieg aus einem sich viel zu schnell drehenden Karussell voller Informationen, in der Schnelle werden alle – so wirkt es – entgegenkommenden Informationen unscharf, alles wirkt verschwommen und undeutlich. Den Durchblick verliert man auf so einem Höllengefährt schnell und nur wer rechtzeitig absteigt, stehen bleibt und sich orientiert findet wieder eine Gegenwart voller detailgetreuer Umrisse. Da »stehen bleiben und sich orientieren« in starkem Maße vom Rückschritt differenziert, lebt auch die Informationsgesellschaft vom Testen und Ausprobieren. Die Möglichkeit alles haben zu können, eine leicht zugängliche sich ständig aktualisierende und nie endende Informationsquelle, die zudem schnell und vielsichtig ist, gab es bisher in diesem Maße noch nicht. Wir müssen uns also erst an die neuen Umstände gewöhnen und einen passablen Umgang lernen um nicht im Informationsüberfluss unterzugehen. Jeder kann zwar alles haben, aber nicht jeder kann mit allem umgehen und so wird sich nur der im Informationsfluss zurechtfinden, der einen geeigneten Umgang damit übt. Die einen haben sich mit Informationen besoffen und brauchen eine Entschleunigung, anderen steht das vielleicht noch bevor.

Schlachtplan ohne Plan

Posted in Politik by gurkenwasser on 30. Januar 2010

In Afghanistan herrscht ein kriegsähnlicher Krieg. So oder so ähnlich. Das wissen wir spätestens seitdem auch Freiherr von und zu Guttenberg irgendeine weitere Ummantelung für das Chaos in Mittelost gefunden hat. Die deutschen Soldaten seien deprimiert, weil ihnen der Zuspruch aus der Gesellschaft fehle. Der Gesellschaft, deren Sicherheit sie vor Ort offensichtlich verteidigen sollen. Jede Verteidigung ist die Reaktion auf einen Angriff und salopp und viel zu kurz gedacht könnte man dies also als einen Krieg bezeichnen. Um in einem Krieg mitspielen zu können, ist es unerlässlich, dass der Einsatz strategisch durchdacht und eine siegesgewisse Taktik geschmiedet wird. 2001 hatte ein Rächer die Idee in Afghanistan einzumarschieren und nach der Fred-Feuerstein-Methode einfach wild draufzuhauen. Quantität schlägt Qualität. Dass diese Methode erst ab einem gewissen Faktor, einem Faktor der weit entfernt vom damaligen Truppenkontingent liegt, erfolgreich ist, hat übrigens ein bedeutender chinesischer Meister schon vor knapp 2500 Jahren bewiesen. Erfolgreich ist schließlich nur, wer nicht nur seine eigenen Schwächen kennt, sondern auch die Stärken des Gegners. Nach etwas mehr als acht Jahren heiterer Invasion stellen also die Übermächte des Westens fest, dass die Kämpfer vor Ort keine Uniformen tragen und nur schwer von der Bevölkerung zu unterscheiden sind. Die Bevölkerung, die auch keine herkömmliche ist, sondern aus verschiedenen Kulturkreisen besteht und eine andere Lebens- und Denkweise bestreitet, als die hiesig praktizierte.

Angreifen – und nichts anderes haben die Truppensteller vor acht Jahren gemacht – sollte nur der, der sicher sein kann, dass er gewinnt. Kurze Zeit nach der Invasion stellten die Strategen weiterhin fest, dass Afghanistan ein zum Teil sehr hügeliges und bewaldetes Gebiet ist. Das erschwere die Verstecksuche der Terroristen. Später kam dann der Gedanke ins Bewusstsein, dass nur Afghanistan nicht mehr von Terroristen befallenen ist, sondern auch die umliegenden Länder als Rückzugsgebiete dienen. Quantität versus Territorialmacht. Es gehört schon einiges an Naivität dazu, in ein unbekanntes Land einzumarschieren, einen unbekannten Gegner anzugreifen und das Spielchen länger als acht Jahre mitzumachen und schlussendlich zu behaupten die Soldaten seien deprimiert, weil die Bevölkerung ihren Einsatz nicht honoriert. Von Clausewitz würde sich krümmen vor lachen.

Ab ins Körbchen

Posted in Gesellschaft, Kognition, Politik by gurkenwasser on 19. Januar 2010

»Wer?« – »Angela Merkel.«

Sollte der Bundeskanzler Frau Dr. Merkel in naher Zukunft in einer Talkrunde gastieren, würde der passende Untertitel vermutlich nicht »Bundeskanzler« lauten, sondern »eigentlich Bundeskanzler«. Denn alles staatsmännische, alles was man mit einem Regierenden verbindet, verkörpert die Dame im Gegenteil. Ungefähre Äußerungen zu belastenden Themen, Deeskalierungskurs mit der Opposition und eine mangelhafte Kommunikation mit der Meute. Ob aus Angst oder aus Vorsicht, dass sie nichts kaputt machen will ist deutlich.

Nachdem die größte Oppositionspartei wieder zurück am Sprachrohr ist und fleißig am aktuell tranchierten Spendengulasch der liberalen Hotellerie mitwatscht, wäre ein starkes Wort der Regierenden wünschenswert. Immerhin wird dem selbsternannten Traumduo eine düpierende Administration vorgeworfen. Aber auch hier gilt die Gluckentaktik: aussitzen statt ausschwitzen. Der eine Prophet trompetet deutliche Klarheit nach den NRW-Wahlen, ein anderer vermutet einen tief sitzenden merkel’schen Schmerz nach dem Versuch der Eindeutigkeit der Worte am Anfang der großen Koalition Vol.2. Im Grunde treffen sich beide Szenarien an der Wurzel: Ziel ist das Gewinnen von Wahlen. Und wer nichts sagt, kann auch nichts falsches sagen. Vermutlich werden sich beide Hellseher die Wänste vor Lachen kaum halten können, wenn es der geistreiche Wähler am Wahltag imitiert und das Herrschaftsvolk ignoriert. Wer nichts wählt, kann auch nichts falsches wählen. Anne Will wird dann abends in einem Wahl Spezial mit der Frage eröffnen wie es zur niedrigsten Wahlbeteiligung der Geschichte und gleichzeitig zum historisch schlechtesten Wahlergebnis der Union kommen konnte. Volker Kauder wird aus dem Konrad-Adenauer-Haus live zugeschaltet sein und etwas sagen wie »Die CDU-Wähler sind an diesem Sonntag zuhause geblieben«. Und nach einer Woche Schlagzeilenfeuer und Amtsverlautbarungen kehrt wieder Ruhe ein in der politisch abgeflachten Landschaft.

Trash-TV

Posted in Gesellschaft, Kognition by gurkenwasser on 7. Januar 2010

Es ist ein Format. Und es passt wie angegossen. Zwischen all den als alt und verstaubt titulierten Showauftritten und Schauspielen, die noch vor kurzer Zeit von der Mattscheibe flimmerten, als man das Wort primetime nur aus dem Englischen kannte und keineswegs mit einem Rundfunkprogramm in Verbindung brachte. Das war vermutlich zur selben Zeit, als öffentliche Auftritte ein bestimmtes qualitatives Niveau erreicht haben mussten um gesendet zu werden. Müll. Das Konzept war mies und die Zuschauer stellten immerhin Anforderungen. Außerdem mussten sie der Handlung aufmerksam folgen und verdeckte Zusammenhänge erkennen.

Der Versuch ein entspannteres, ein leichteres und mental nicht ganz so fesselndes Programm auf die Beine zu stellen darf als geglückt betrachtet werden. Denn was derzeit nach der Tagesschau, speziell aus der Schmiede der privaten Sendeanstalten die Pupillen der Zuschauer trifft gleicht einer kulturellen Vergewaltigung. Hereinspaziert, hier ist für jeden was dabei. Attention. Sehr verehrtes Publikum, am Montag zeigen wir ihnen das neuste aus dem Menschenzoo. Einzigartig und nur bei uns sehen sie Menschen vor einer Kamera die das tun, was jeder andere auch tut. Und das live! Am Dienstag dann dicht gefolgt mit dem Neusten aus dem Bereich Justiz. Seien sie dabei wenn Peter Zwegat einer Hand voll in Schulden geratenen Vollpfosten erklärt, dass 1+1 eben nicht 11 ist. Schlag auf Schlag geht es weiter mit dem kommentierten Howto Wie erziehe ich meine Kinder. Donnerstag wird es musikalisch. Verpassen sie auf keinen Fall den Castingwahnsinn mit Heidi Klum, Dieter Bohlen und allen den anderen semiprofessionellen Entertainmentspitzen aus dem Medienetablissement. Und wer noch nicht genug hat, der kann sich im Vor- und Nachmittagsprogramm dann von all den anderen unbekannt entdeckten Größen zeigen lassen, wie man das Leben auf die Beine stellt. Es geht los mit Wie erziehe ich mein Kind, weiter mit Wie kaufe ich mir eine Wohnung und passend dazu Wohnungseinrichtung leicht gemacht. Nachmittags reist der Faden nicht mit Abgehauen von zuhause – so sieht die Welt aus und Familienglück Singleleben. Für jede Lebenssituation eine »Doku«. Das ist interessanter als selber machen. Echt.

Anspruchslos ist das neue Anspruchsvoll. Kein Drehbuch, keine Handlung und vor allem keine Schauspieler. Wer die Drehbücher der James Bond Reihe nebeneinander legt, wird vermutlich überrascht sein, wie dünn heute 120 Minuten sein können. Nicht die Handlung, sondern die Personen stehen im Vordergrund. Es kommt nicht auf die Geschichte an, sondern wer die Geschichte spielt.

Klimazipfel

Posted in Kognition, Politik by gurkenwasser on 23. Dezember 2009

Als Gipfel wird ganz allgemein der höchste Punkt bezeichnet. Der höchste Punkt eines Berges zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass es auf der einen Seite bergauf, auf der anderen Seite bergab geht. Etwas leichter war der Gipfel zu »Hopenhagen« zu erreichen. Nämlich vollkommen ohne Anstieg. Aber auch ohne Abstieg. Die Konferenz endete nicht nur ohne Abschlusserklärung, sonder auch ohne eine moralische Botschaft. Die Definition von Zielen für einzelne Länder, wie sie einst im Kyoto-Protokoll festgehalten wurden, steht ebenso im Ungefähren, wie das Abkommen über das zuvor viel gepriesene Zwei-Grad-Ziel.

Auf eine gewisse Weise auch nicht überraschend, denn immerhin sollten 193 Staaten am Projekt beteiligt werden. Das bedeutet 193 Stimmberechtigte. Wie schwer es sein kann unter dieser Vielzahl zu einem Konsens zu kommen wird nicht erst bewusst, wenn man sich die Absichten und Positionen der Mitglieder betrachtet. Da sind die USA, die sich im Rahmen des Klimaschutzes zum ersten Mal auf internationaler Bühne verpflichten. Die schnell wachsenden Schwellenländer wie China und Indien, die Entwicklungsländer und eben auch die EU.

Auch wenn das Bewusstsein über die Entwicklung des Klimas und der Natur in den Köpfen eingepfercht ist, wird die größte zu überwindende Blockade die verschiedenen Postionen und Perspektiven sein. Wie schon erwähnt sind die USA zum ersten Mal bereit sich konkreten Zielen in einem Abkommen zu unterwerfen. Bisher hat sich deren Wirtschaft entsprechend entwickelt, sodass Beobachter aus Entwicklungsländern aus gutem Grund die Fragen stellen dürften, weshalb der eigene Staat sich internationalen Zielen anpassen soll, während andere, größere und in ihrer Wirtschaftskraft stärkere Staaten unverändert auf Kurs bleiben. Es ist ein Paradoxon, dass die hauptsächlich klimagefährdenden Staaten auch eine übermächtige Rolle in der Entscheidungsfindung zum Klimaschutzabkommen darstellen. Schon im Wort enthalten ist die Situation der Entwicklungsländer, die mit dem Unterzeichnen des von Kopenhagen erwünschten Papiers, nur als Verlierer abschließen können.

Vielmehr als nur die Begrenzung des Schadstoffausstoßes, sollte ein Anreiz geschaffen werden, der nicht nur die Entwicklungsländer dazu bewegt auf umweltschonende Technologie in der Entwicklung zu setzen. Denn durch die Verabschiedung eines Abkommens, das weit reichende ökologische Folgen, im engeren Sinne Begrenzung und Reduzierung des Niveaus, anvisiert, rückt ein nachhaltiger Erfolg in immer weitere Ferne.

Gesundheit

Posted in Freiraum, Gesellschaft by gurkenwasser on 6. Dezember 2009

Kein Wunder. Wer zwischen Herbst und der Weihnachtszeit nicht kränkelt, mit dem kann doch was nicht stimmen. Da gibt es die einen Menschen, die sich jedes Niesens zu schade sind und diejenigen, die förmlich nach Mitleid gieren. Spezies No.1 versucht den Virus noch in seiner Quelle zu ersticken und versagt  ihm schlicht das Austreten durch Zuhalten der Nasenöffnung. Sieht nicht nur lustig aus, klingt auch so. Das Gegenteil von Spezies No.1, in persona in der nächsten Umgebung, durchbricht hingegen alle gängigen Definitionen von Lautstärke. Noch vor kurzem durfte ich Zeuge eines gänzlich von Herzen kommenden Anfalls werden. Ein Anfall in zwei Akten. Der Erste als Warnung, der Zweite die Kür der Perfektion. Türenblätter zitterten, die Saftgläser im Schrank rempelten sich an. Stille. In einem kurzen Moment der Bedachtheit den Medizinmann herbei zu holen wartete ich auf ein Lebenszeichen. Als sie beim Verlassen der Wohnung die Tür notorisch kräftig ins Schloss zog wusste ich: Es ist alles in Ordnung.

Die aufregende Freundlichkeit

Posted in Freiraum, Gesellschaft by gurkenwasser on 3. Dezember 2009

Da kam die Frau nun vollbepackt mit tollen Sachen die Tür hinein. Noch auf der Türschwelle grüßte sie den Nachbarsjungen von obendrüber im vorbeigehen freundlich mit »Hallo, wie geht es Dir?«.

Der Junge reagierte zuerst nicht und hob seinen Kopf nur zäh aus der betrübenden Bodenbeobachtungspose als er die Frau  wahrnahm. Aus der halben Drehung lächelte er zufrieden und brüllte ein lautes »Guten Tag Frau Schmidtheiner« hinaus. Die Frau erschrak und zuckte zusammen und erst als sie von hinten seine Silhouette betrachtete, bemerkte sie die Kabel, die aus seinen Ohren kamen.

Eine kurze Bertrachtung der allgemeinen Situation. Oder: Herbst.

Posted in Freiraum by gurkenwasser on 26. November 2009

Die Sonne geht jetzt später auf, dafür aber auch früher unter. Die Menschen auf der Straße haben jetzt Wollmützen auf ihren Köpfen und schnaufen sichtbar durch die bunten Blätter, die von den Bäumen gefallen sind. Im Café ist es dafür ab sofort umso wärmer. Kaum auszuhalten, wenn man aus der semifrostigen Natur mit den Handschuhen und den roten Bäckchen einkehrt. Nur gut, dass wir uns vorher mit Hilfe der Zwiebelmethode angezogen haben und uns nach der Ankunft befreiend schälen und den warmen Wams in die Ecke der alten Holzbank legen können.

Wie üblich tippen wir, uns in einer gemütlichen Sitzhaltung befindend, auf dem Glas des Smartphones herum den neuen Stand unserer Uni oder der brennenden Uni zu erkundigen. Als für vor drei Jahren frisch Immatrikulierte immerhin die gefühlte Pflicht sich zu informieren und den kämpfenden anwesenden Kommilitonen geistige Solidarität zu bekunden. Die lassen sich währenddessen aus dem seit längerem besetzten Hörsaal scheuchen. Scheuchen oder freundlich Bitten. Immerhin ist eine Eskalation von keiner Seite erwünscht. Weder die Regierung, noch die ausführende Gewalt in Form der Polizei, noch die demonstrierenden Studenten vertreten einen anderen, als den friedlichen Weg des Aufstands. Plakativ wird die schlechte Bildungssituation bestreikt und die Empfänger des Symbols stellen sich, Urheber der Situation, fein sauber eingereiht an die Schulter der Demonstrierenden. Mehr Geld soll fließen. Das Problem ist bekämpft, denn es herrscht wieder Ruhe im Staate. Denn ebenso fein wie an die Schulter gestellt, haben die Entscheider die aufbegehrende Meute um den Finger gewickelt. Mehr Geld soll fließen. Das klingt gut, nicht nur in den Ohren der Beteiligten. Auch die Medien haben fleißig Material zum senden und berichten um auch allen nicht Betroffenen das Signal in den Kopf zu setzen: Für die Bildung, da wird was getan. Das ist immerhin unser Kapital, unsere Zukunft.

Wer jedoch große Erwartungen hatte, Erwartungen, dass sich tatsächlich was bewegt im eingefahrenen starren Gefüge, der wurde enttäuscht. Mehr Geld soll fließen klingt nämlich nur auf den ersten Metern nach spirit. Wie man beobachten darf – und das ist eine subjektive Meinung, die sich in ihrer Art selbst nicht übertreffen könnte – fließt das Geld vornehmlich in die Finanzierung der maroden Gebäude. Die örtliche Bibliothek leckt nicht nur in ihrem Bestand, sondern auch an den Öffnungszeiten, die in der nahen Vergangenheit sogar verkürzt wurden.

Auf der Straße war wohl einiges los, die Reaktion war auch prompt. Nur das Ergebnis ist unbefriedigend. An der eigentlichen, moralischen Unkultur, dem Marionettendasein der Studenten Hochschüler ist mit Geld in erster Linie nichts zu ändern. Lebenszeit kann man ebenso wenig erwerben wie den Tag durch künstliche Methoden verlängern. Das eigentlichen Kapital, die Fähigkeit nachzudenken und ein Problem zu verstehen kann man nur durch Zeit, durch viel Zeit kreieren und ausbilden. Das Modell, eine Hochschule – wie einst Till Eulenspiegel – wörtlich als die Fortsetzung der weiterbildenden Schule zu verstehen, deren Ziel es ist das Klassenziel zu erreichen, ist konträr zum Ziel neugierige und wissensdurstig motivierte Menschen zu fördern. Das Gehirn kann nur durch eins trainiert werden: durch die Benutzung. Im Verfahren des Lernens auf Ziel, des Lernens für das Bestehen einer Klausur wird dieser Prozess jedoch nicht gefordert. Die Fähigkeit Probleme zu lösen, komplexe Probleme für die keine Musterlösung in keinem Lehrbuch existent sind, die geht in diesem Sinne verloren. Als Nebeneffekt wirkt die dadurch entstehende Demotivation und die Angst zu versagen hervorgerufen. Erzeugt wird also ein Mensch, dem das Denken fremd wird. Der nicht mehr in der Lage ist eigenständig Entscheidungen zu treffen und diese nachhaltig zu vertreten.

Dem Lautesten schenken wir Gehör und dem Stärksten unseren Respekt. So ist es nicht verwunderlich dass wir auf den Glasbildschirmen der Smartphones Meldungen lesen von »einem 600-köpfigen Aufgebot der Polizei um ein von 35 Personen besetztes Haus zu räumen.« Oder das respektierende Zuhören und anschließende Besinnen, das auf die Reaktion der Regierung auf den Bildungsstreik zu beobachten war.

Wir sitzen einfach nur da, trinken unseren Latte Macchiato und wärmen uns die Hände beim Umklammern des Glases. Betroffenheit, wieso? Ich hab nix gemacht.

Und, was machst Du so?

Posted in Gesellschaft, Kognition by gurkenwasser on 20. November 2009

Ebenso als ich daneben stand

»Ach, Hallo. Dich hab ich ja schon lange nicht mehr gesehen. Wie geht’s Dir?«

»Halloo« mit einem Grinsen auf den Lippen »ich schreibe grade meine Examensarbeit. Ja, ich hab grad schonmal Weihnachtsgeschenke gekauft. Und selbst so?«

»Ach, ich hab ja seit letztes Jahr Arthrose in der Hüfte. Tut ganz schön weh.«

Die Gegenfrage und Antwort wäre vermutlich gewesen

»Ach, Hallo. Dich hab ich ja schon lange nicht mehr gesehen. Was machst Du so?«

»Halloo. Gut, danke und Dir?«

»Ach, ich bin seit dem letzten Jahr zuhause und knüpfe Schafdecken.«

 

Mir ist es ein Rätsel weshalb es immer wieder Menschen gibt, die sich über ihren Beruf profilieren und gegenüber Mitmenschen versuchen zu definieren. Als gäbe es kein Leben danach. Oder davor. Aber mit der Zeit ist das halt so eine Sache bei uns Schwerbeschäftigten.